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Geschichte des Frauentages zum 8. März

Dagmar Stuckmann: Was ist der Internationale Frauentag?

Nach einer wechselvollen hundertjährigen Geschichte ist der Internationale Frauentag heute zu einem Protest- und Feiertag der Frauen und der Neuen Frauenbewegung geworden.

Doch damit stellt sich die Frage – was bedeutet dieser Tag eigentlich?

  • Ist er ein Feiertag, an dem die Frauen beim jährlichen Zusammentreffen ihre Gemeinschaft feiern?
  • Ist er ein Gedenktag zum Rückblick auf das Erreichte und zur Pflege der Tradition?
  • Ist er ein internationaler Kampftag, an dem jedes Jahr die unerfüllten Forderungen der Frauen in der Öffentlichkeit vorgetragen werden?
  • Ist er ein Jahrestag, der auf ein historisch bedeutsames Ereignis verweist, welches jährlich in Erinnerung gebracht wird und so die Vergangenheit in die Gegenwart holt?

Von der Beantwortung dieser Fragen hängt ab, welche Wirkung vom Internationalen Frauentag ausgeht und welchen Stellenwert er für die Frauenbewegung in Zukunft haben kann.

Der 8. März ist seit etwa 30 Jahren als Internationaler Frauentag in der Bundesrepublik anerkannt. Auch sonst überall auf der Welt gehen Frauen an diesem Tag auf die Straße und protestieren gegen soziale und politische Ungerechtigkeit, gegen Gewalt und sexuelle Ausbeutung und fordern Arbeit und gleiche Bezahlung bei gleicher Leistung sowie tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter. Und auch in Bremen ist der Internationale Frauentag im politischen Jahresrhythmus der Stadt fest verankert.

Der Ablauf des Tages unterliegt in Bremen seit mehr als 10 Jahren einem festen Rhythmus: Einige Tage zuvor werden die Veranstaltungen in der Presse angekündigt. Am 8. März selbst berichten die Medien über wichtige Frauenthemen. Die Frauenbeauftragte weist in ihrer politischen Erklärung auf die vielen noch immer nicht abgegoltenen Forderungen der Frauenbewegung hin und benennt die aktuellen Probleme – wie zum Beispiel, dass der Anteil weiblicher Führungskräfte seit Jahren kaum steigt, dass trotz Zunahme der Erwerbstätigkeit von Frauen viele nur Teilzeitbeschäftigte sind und kein existenzsicherndes Einkommen erzielen, dass Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen und dass Mädchen und junge Frauen mehr über den Frauentag und seine Bedeutung erfahren sollten.

Und vor allem treten Frauen selbst an diesem Tag in Aktion. Ein Bündnis verschiedener Frauengruppen, Frauenorganisationen und Institutionen organisiert Protestaktionen und Veranstaltungen: Der Bremer Frauenausschuss, die Senatorin und die ZGF laden ein zur Ehrung der Bremer Frau des Jahres in der oberen Rathaushalle, meist geht es dann im Gewerkschaftshaus weiter, wo in Podiumsdiskussionen oder Talkshows über Fragen gewerkschaftlicher Frauenpolitik oder über die zukünftige Verteilung von Familienarbeit und Lohnarbeit zwischen den Geschlechtern gestritten und debattiert wird. Das gemeinsame Fest am Ende des Tages bietet Gelegenheit, einen Blick zurück zu den Anfängen zu werfen und das in der Zwischenzeit Erreichte zu feiern.

Schon dieser kurze Abriss des Veranstaltungsablaufs zeigt, dass sich der 8. März nicht mit einem einzigen Begriff beschreiben lässt. Auch die eingangs gestellten Fragen verweisen auf die Komplexität des Frauentages. Um Antworten zu finden, wird der 8. März im Folgenden mit dem 1. Mai kontrastiert. Der Tag der Arbeit ist ein Tag des politischen Protestes und ein Tag, an dem die TeilnehmerInnen den Zusammenhalt ihrer Gemeinschaft miteinander feiern. Unbestritten ist der 1. Mai auch ein Jahrestag – also ein feierlich zu begehender Tag, der auf ein bedeutsames Ereignis in der Vergangenheit verweist, welches regelmäßig wieder in Erinnerung gerufen werden soll. Der 1. Mai erfüllt alle diese Kriterien. Er hat als gesetzlicher Feiertag einen dauerhaften Platz in der Festkultur der Bundesrepublik und bietet den Beteiligten, Veranstaltern wie TeilnehmerInnen einen ganzen Tag für politische Reden, Demonstrationen und Feierstunden. Gleichzeitig ist es auch eine Gelegenheit, sich an den 1. Mai 1890 zu erinnern, den Tag, an dem Gewerkschaften und sozialdemokratische Parteien die Arbeiter aufriefen, für die Durchsetzung des Acht-Stunden-Tages in Europa und den Vereinigten Staaten zu demonstrieren und auf Kundgebungen ihre Forderung öffentlich bekannt machten. Der 1. Mai ist weltweit der Tag der Arbeit, an dem die Interessen und Forderungen der Arbeitnehmerinnen bzw. die politischen Aussagen ihrer SprecherInnen im Vordergrund des Medieninteresses stehen. In den Augen der Bremer Aktivistinnen, die den Frauentag seit Jahren – manche schon seit Jahrzehnten – organisieren, hat der 8. März für die Frauenbewegung die gleiche Bedeutung wie der 1. Mai für die Arbeiterbewegung. Er ist nicht nur zentraler Protest- und Feiertag, sondern auch der Jahrestag der Frauenbewegung. Er ist der Tag, der daran erinnert, dass im Jahr 1911 Millionen Frauen auf Demonstrationen und in Versammlungen gemeinsam ihre Forderung in der Öffentlichkeit erhoben: „Heraus mit dem Frauenwahlrecht!“

Doch während der Tag der Arbeit unbestritten als politisch wichtiger Jahres- und Feiertag akzeptiert ist, hat der Internationale Frauentag bis heute noch nicht diese Anerkennung gefunden – was schon daran abzulesen ist, dass regelmäßig zum 8. März die Frage auftaucht: „Ist der Frauentag überflüssig?“ Und diese Frage wird nicht nur von Alice Schwarzer mit „Abschaffen!“ beantwortet. Tatsächlich offenbarten sich, lässt man die hundertjährige Geschichte des Frauentages Revue passieren, immer wieder erhebliche Differenzen zum 1. Mai. Welches sind also die Punkte, die dazu führen, dass der Internationale Frauentag weniger politisches Gewicht besitzt als der Tag der Arbeit? Denn zunächst verweisen beide auf denselben Ursprung.

Es waren die internationalen Arbeiterorganisationen, die beide Tage ins Leben riefen. Das Grundmuster wurde für den 1. Mai entwickelt: Die Arbeiterorganisationen setzten ihn als Propaganda- und Aktionstag fest, um „gleichzeitig und einmütig für eine Forderung [einzutreten], von der alle überzeugt waren“.

Dieses Konzept hatten auch die Sozialistinnen vor Augen, als sie 1910 den Beschluss fassten, jedes Jahr einen Frauentag zu veranstalten. Dabei vermieden die Frauen jeden Hinweis auf den 1. Mai, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, sie wollten dem Tag der Arbeit Konkurrenz machen. Vor allem verzichteten sie auf die Festlegung eines bestimmten Datums. Das hatte zur Folge, dass die Frauentage jedes Jahr aufs Neue auf den Parteitagen und mit der Parteiführung ausgehandelt werden mussten. Doch im Jahr 1911, als die Arbeiterfrauen am 19. März zu Tausenden auf den Straßen der Städte für das Frauenwahlrecht demonstrierten, war das eine Massenaktion, die von den SPD-Frauen, von der Partei und den Gewerkschaften gemeinsam getragen wurde. Und es schien, dass es in Zukunft neben dem 1. Mai auch einen Kampftag der Frauen der Arbeiterbewegung geben werde.

Schon bald zeigte sich, dass die Männermehrheit in der Parteiführung alles daran setzte, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Den Frauen sollte auf keinen Fall ein spezieller Status eingeräumt werden. Ihre besonderen politischen und sozialen Forderungen konnten sie in eigenen Versammlungen artikulieren und auf Parteitagen als Anträge einbringen. Doch gegen Frauentage und Frauendemonstrationen gab es eine breite Abwehrfront in Partei und Gewerkschaften. Bis 1914 kämpften die Frauen beharrlich um ihren Frauentag und schafften es letztlich, den Frauentag ins Parteileben der Ortsvereine zu integrieren. Vor allem hatten die Frauengruppen an der Basis den Frauentag in den Mittelpunkt ihrer politischen Arbeit gerückt. Er wurde zum Symbol der eigenen Stärke, er gab ihnen ein neues Wir-Gefühl. Der Internationale Frauentag hatte für die Sozialdemokratinnen eine eigene Bedeutung erlangt. Sie beharrten darauf, ihren eigenen politischen Kampftag weiterzuführen, auch nachdem die zentrale Forderung nach dem Frauenwahlrecht durchgesetzt war.

Indessen mussten die Frauen nach der Spaltung der SPD entscheiden, wie sie mit dem Erbe des Frauentages umgehen wollten. Während der 1. Mai über die Parteispaltungen hinweg als gemeinsamer Bezugspunkt und historische Verbindung bestehen blieb, wurde der Frauentag unmittelbar in die Spaltung hineingezogen. Die Frauen setzten ihren Anspruch auf einen eigenen Aktionstag in den Arbeiterparteien durch – allerdings um den Preis der engen Einbindung des Frauentages in den Parteiapparat. Auf den Frauentagen wurden die ideologischen Positionen und Vorgaben der jeweiligen Partei vorgetragen und die Veranstaltungen dienten vor allem dem Zweck, die Integration der Frauen in die Parteiorganisation zu festigen.

Während bei den Sozialdemokratinnen bis 1966 das Datum des Frauentages jährlich neu festgelegt wurde, gelang es den Kommunistinnen bereits 1921 für den Frauentag ein feststehendes Datum durchzusetzen. Die Kommunistische Internationale beschloss 1921, den Internationalen Frauentag in allen Ländern einheitlich am 8. März zu begehen und stellte damit dem 1. Mai als Tag der Arbeit den 8. März als verbindlichen Jahrestag zur Seite.
Mit diesem festen Platz im Jahreskalender konnten die kommunistischen Parteien und mit ihr verbündete Frauenorganisationen ein weltumspannendes Netz schaffen, in dem der 8. März ein gemeinsamer, zentraler Bezugspunkt wurde. Im Zusammenhang mit dem Internationalen Jahr der Frau 1975 gelang es der Initiative der realsozialistischen Länder zusammen mit der Internationalen Demokratischen Frauenföderation, den 8. März als Feiertag bei den Vereinten Nationen durchzusetzen.

Nachdem 1977 der 8. März in den UNO-Kalender der jährlich zu begehenden bedeutenden Tage aufgenommen worden war, gab es auch für den Frauentag ein verbindliches Datum. Doch damit war das politische Problem nur verschoben, da das Datum des Frauentages kein von allen akzeptiertes Erinnerungskonzept barg. Denn mit dem 8. März hatten die Kommunistinnen auf die revolutionären Ereignisse im Jahr 1917 Bezug genommen, auf den Tag, an dem die Massendemonstrationen der Petrograder Arbeiterfrauen zur Auslösung der russischen Revolution beigetragen hatten. Gleichzeitig verdankt der Tag seine eigentliche Entstehung aber der Beschlussfassung auf der Frauenkonferenz in Kopenhagen im Jahr 1910 und den ersten großen Demonstrationen des Jahres 1911.

Gemessen an der Übereinstimmung von Jahrestag und Erinnerungsereignis beim 1. Mai haben es die Akteurinnen des 8. März also mit einem Bündel von Bezugsdaten zu tun, welches außerdem auch noch mit einem Erbe aus der Spaltung der Arbeiterbewegung und den Auswirkungen des Kalten Krieges belastet ist. Nach dem Ende der Sowjetunion wurde sogar versucht, dieses Datum mit anderen Ereignissen neu zu besetzen, zum Beispiel wird in Presseartikeln auf Frauenstreikereignisse in den USA am 8. März 1908 verwiesen. So wird als eine mögliche Erklärung „der Streik New Yorker Textilarbeiterinnen am 8. März 1857“ herangezogen4, mehrfach wird der „Streik und der Tod von 129 Arbeiterinnen beim Brand einer New Yorker Fabrik im Jahre 1908“5 als Erinnerungspunkt herangezogen. Auch die „Geburtsurkunde“ des Internationalen Frauentages ist nicht unproblematisch: Die Gründungsurkunde des Beschlusses von Kopenhagen aus dem Jahr 1910 trug die Unterschrift zweier Frauen – Clara Zetkin und Käte Duncker –, die beide später Aktivistinnen der kommunistischen Frauenbewegung wurden. Eine solche Nähe zu Kommunistinnen war in Zeiten des Kalten Krieges ein großer Makel, wenn man im Westen politisch bestehen wollte. Als der Frauentag in der Bundesrepublik von den Gewerkschaftsfrauen neu belebt wurde und 1985 die 75-Jahr-Feier des Frauentages anstand, beschlossen die Gewerkschaften, die Feier des 75. Jahrestages erst im darauf folgenden Jahr zu begehen – wahrscheinlich, um einem gemeinsamen Feiertag mit den Frauen der DDR-Frauenorganisation zu entgehen. Seit diesem Jahr wird in der Bundesrepublik, was den Frauentag betrifft, auf „die ersten öffentlichen Demonstrationen und Veranstaltungen“ 1911 Bezug genommen.

Damit verwiesen die Gewerkschaftsfrauen auch für den 8. März auf die Kämpfe der Arbeiterbewegung und stellten die Demonstrationen der Frauen 1911 auf eine Ebene mit den Kämpfen der Arbeiter im Jahr 1890. Doch nicht genug, dass die Erinnerungsdaten des 8. März vielfältig und auch politisch wenig opportun sind, wurde der 8. März außerdem immer wieder von neuen Trägerinnengruppen besetzt. Nachdem ihn die Organisationen der Arbeiterbewegung in den 1960er Jahren aufgegeben hatten, besetzten ihn ab Mitte der 1970er Jahre zunächst linke, sozialistische Frauengruppen der Neuen Frauenbewegung. Außerdem suchten aktive Funktionärinnen der Gewerkschaften nach Mitteln und Methoden, um mehr Arbeitnehmerinnen zu motivieren, sich gegen die wachsenden sozialen Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzen. Dabei erinnerten sich einige Gewerkschafterinnen an die Tradition des Internationalen Frauentages. Und sie setzten gegen heftigen Widerstand der Gewerkschaftsführung durch, den 8. März zum gewerkschaftlichen Frauentag zu machen.
In den Jahren 1981 bis 1986 beteiligten sich zunehmend mehr Frauen – weit über das Spektrum der Gewerkschaften hinaus – an den politischen Aktionen der DGB-Frauen. Als zentraler Aktionstag förderte der Frauentag die Vernetzung und die gemeinsame Politikfähigkeit der Frauenbewegung. 1986 vollzog sich ein entscheidender Schritt. Trägerin des Internationalen Frauentages in Bremen wurde ein Bündnis aus etwa 45 Frauengruppen, Projekten, Organisationen und Institutionen. Sie alle zusammen gaben in den dann folgenden Jahren dem Internationalen Frauentag eine neue Gestalt, er wurde zu einem offenen politischen Forum der Bremer Frauenbewegung.

Bei den Radikalfeministinnen gab es zunächst Vorbehalte und sie wiesen den Frauentag wegen seiner Herkunft aus dem Patriarchat der sozialdemokratischen und kommunistischen Organisationen zurück. Doch den Initiatorinnen des Frauentages gelang es, mit neuen Konzepten und der Übernahme vieler Themen aus der Neuen Frauenbewegung den Internationalen Frauentag zu einem wirkungsvollen Instrument der Frauenbewegung zu machen. Sie nutzten den 8. März, um ihre Interessen zu artikulieren und ihre Forderungen in der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Auch dabei wurden neue Wege beschritten. Es gab eine Abkehr von männlich-proletarischen Ausdruckformen des politischen Protestes mit seinen Demonstrationszügen und Kundgebungen mit zahlreichen Rednern. Dagegen entwickelte sich eine neue Protestkultur:

eine Verbindung von Theater, Kabarett, gewerkschaftlicher Frauenpolitik und Feminismus, die den Akteurinnen selbst Spaß machte und bei den Außenstehenden Neugier und Interesse weckte. Mit großem Einsatz vieler Akteurinnen wurden das Gewerkschaftshaus und selbst das Rathaus umgestaltet. Frauentage wurden kulturpolitische Ereignisse.

Während der 1. Mai bis heute von denselben Veranstaltern organisiert wird, die traditionellen Abläufe der Veranstaltungen sich nicht verändert haben und auch die Festkultur den Traditionen der Arbeiterbewegung mit Erinnerungen an heldenhaft bestandene Kämpfe und den Appellen zur Geschlossenheit und Einheit folgt, erfuhr der Internationale Frauentag grundlegende Wandlungen. Im Kontrast werden die Konturen des Internationalen Frauentages deutlich sichtbar: Obwohl beide Tage von den gleichen Organisationen als politische Aktionstage ins Leben gerufen wurden, erscheint der 8. März heute wie eine moderne weibliche Alternative zum 1. Mai.

Der Frauentag war von Anfang an selbst in den eigenen politischen Organisationen umstritten. Jahrzehntelang mussten die Frauen ihren Tag gegen Widerstände aus den eigenen Reihen durchsetzen. Und vor dreißig Jahren mussten sie ihn sogar dem allgemeinen Vergessen wieder entreißen.

Die Neue Frauenbewegung hat den Aktionstag der Arbeiterbewegung zu einem Frauenpotesttag umgeformt. Das Themenspektrum wurde verändert und erweitert. Und immer wieder hatten neue Akteurinnen die Chance, ihre Ideen und Forderungen auf die Tagesordnung zu setzen. Das brachte mit sich, dass die Themen ausgewechselt werden konnten und es weniger klare Aussagen und Forderungen gab. Doch bis heute hat der 8. März seinen politisch emanzipatorischen Anspruch behalten. So vielfältig und widersprüchlich sich die Gruppe der Trägerinnen zusammensetzt, so ist der Frauentag doch ein politischer Aktions- und Protesttag geblieben. Für die Akteurinnen steht auch heute die Kritik an der ökonomischen Ungleichheit der Frauen im Vordergrund und sie fordern, die Partizipationschancen und Bürgerinnenrechte weiter auszubauen.

Immer wurde der Frauentag festlich begangen. Auch heute ist der 8. März ein Anlass zur „Wir-Inszenierung“ – wie Kerstin Wolf in ihrem Aufsatz über den Internationalen Frauentag als Feiertag der Frauenbewegung festgestellt hat. In der Gemeinschaft zu feiern, sich zu erinnern und über die zukünftigen Aufgaben zu reden, ist wichtiger Bestandteil des Internationalen Frauentages.

Dass zum 8. März mehrere Ereignisse erinnert werden, sollte besonders die Historikerinnen herausfordern, den Mythenbildungen und Zuschreibungen auf den Grund zu gehen und die historischen Fakten offenzulegen, um damit vielleicht neue Zugänge zu den Erinnerungsdaten zu schaffen.

Vor allem ist der Frauentag ein Aktionstag der Neuen Frauenbewegung. Seine Trägerinnen kommen ebenso aus Traditionsverbänden und Parteien wie auch aus autonomen Projekten. Dabei werden zunehmend soziale Trennungslinien zwischen den Akteurinnen sichtbar, auch das ein Abbild der komplexen Lebensrealität der Frauen.

Der Frauentag ist ein international ausgespanntes Netz, die Knotenpunkte bilden die Organisatorinnen in den Regionen, Städten und Gemeinden – sie bestimmen selbst, welche Schwerpunkte sie am Frauentag verhandeln wollen. Sie erarbeiten ihre Veranstaltungskonzepte und müssen sie auch selbst umsetzen.

Das alles zusammengenommen ist heute der 8. März. Es gibt kaum noch Frauengruppen oder Institutionen, die sich nicht auf die eine oder andere Weise am Geschehen zum 8. März beteiligen. Der Tag wird in der Gesellschaft mittlerweile ernst genommen, PolitikerInnen können ihn nicht mehr ignorieren.

Der Frauentag hat in der Zwischenzeit sogar den Muttertag aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt und in die private Sphäre der Familienfeiern verwiesen. Bis in die 1990er Jahre hinein wurden am Muttertag noch offizielle Feiertagsreden gehalten. Das Datum wurde genutzt, um familienpolitische Erklärungen abzugeben. Die politische Bedeutung des Muttertages ist offensichtlich verschwunden. Das weist auch darauf hin, dass sich das gesellschaftlich dominierende Frauenbild grundlegend gewandelt hat. Das Leitbild der Hausfrau und Mutter ist kein Maßstab mehr für die junge Frauengeneration, für die Selbstbestimmung, Kinder und Karriere, Verantwortung und Freiheit konstitutiv geworden sind. Dass junge Frauen heute diese Positionen vertreten, ist nicht zuletzt auch ein Ergebnis der Aktionen und Proteste des 8. März. Er war und ist ein Instrument zur Verwirklichung emanzipatorischer Ziele. Die Frauenbewegung wird daher wohl auch in Zukunft nicht auf ihn verzichten können.

 

Quelle: Dagmar Stuckmann „Gebt Raum den Frauen“ 100 Jahre Internationaler Frauentag in Bremen
https://dl.dropboxusercontent.com/u/13031383/Frauentag_endgueltig_index.pdf
http://www.bremer-frauenmuseum.de/veroeffentlichungen/Frauen_Broschuere.pdf

 

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