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Das neue BDSG ist rechtswidrig

Die neue EU Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) wurde mit dem Ziel eingeführt, die Datenschutzniveaus der Mitgliedsländer so weit wie möglich zu vereinheitlichen. Angeblich führe dies automatisch zu einem insgesamt höheren Standard. Dabei gilt es aber zu beachten, dass  sie durch Öffnungsklauseln und delegierte Rechtsakte eine Reihe an Dingen offen lässt, die durch die einzelnen Länder eigenständig geregelt bzw. ergänzt werden können. Zu befürchten ist daher ein zersplittertes Datenschutzrecht, also eine Verschlimmbesserung der bisherigen Situation anstatt der versprochenen Einheitlichkeit.

Deutschland übernimmt durch den Gesetzesentwurf zu einem neuen Datenschutzgesetz (BDSG) eine geradezu „hervorragende“ Initiative. Einschließlich der Straf- und Bußgeldvorschriften umfasst das noch geltende BDSG 48 Paragrafen, der neue Entwurf wurde auf 85 Paragrafen erweitert! Hinzu kommt eine Vielzahl an Änderungen in anderen, betroffenen Gesetzen, insbesondere die Sicherheit betreffend.

Da der Umfang der Änderungen erheblich ist, hier nur der Kommentar zu einigen Passagen, die für die Bürger von besonderem Interesse sind, da diese am unmittelbarsten auf das Privatleben Einfluss nehmen. Dabei geht es um die Rechte der betroffenen Person, die Verarbeitung personenbezogener Daten zu anderen Zwecken, und die Befugnisse und Rechte der Betroffenen hinsichtlich der Geheimhaltungspflicht.

I.

  1. Informationelle Selbstbestimmung

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung kann nur durch die Umsetzung der Rechte des Betroffenen auf Information, Auskunft, Berichtigung und Löschung seiner Daten umgesetzt werden.

Hier schränkt die EU-DS-GVO bereits das bestehende BDSG ein und der neue Gesetzesentwurf  geht noch einmal darüber hinaus. Dies widerspricht der EU-Grundrechtscharta.

Die so geregelte Information zur Videoüberwachung  lässt den Verantwortlichen einen zu großen Spielraum, denn z.B. eine Kamera ist dann bereits in Betrieb (§ 4 Abs.2).

  1. Informationspflichten bei der Erhebung von Daten

In § 32 werden die (scheinbar lästigen) Informationspflichten bei der Erhebung von Daten eingeschränkt und unterlaufen Artt. 13, 23 DS-GVO (hier sind Ausnahmen ausdrücklich wegen eines „unverhältnismäßigen Aufwandes“ nicht vorgesehen).

Es wird § 33 Abs. 1 bereits von einer Informationspflicht abgesehen, wenn die „ordnungsgemäße Erfüllung von Aufträgen der jeweiligen Stellen gefährdet“ würde. Zudem wird der Begriff „öffentliche Sicherheit“ in „öffentliche Ordnung“ bewusst juristisch verfälscht und in seine Anwendungsmöglichkeit verwässert.

  1. Löschung
  • 35 Abs. 1 schränkt das Recht auf die Löschung von Daten unzulässig ein. Dies kann dazu führen, dass Hard- und Softwarehersteller sich darauf berufen, dass eine Löschung zu viel Aufwand bedeute, anstatt Produkte zu entwickeln, die diese Norm befolgen.
  1. Gesundheitsdaten
  • 37 Abs. 1 erlaubt zusätzlich die Verwendung von sensiblen Gesundheitsdaten ohne Zustimmung des Betroffenen durch automatisierte Verfahren bei Versicherungsverträgen.  Bisher war dies so nicht möglich, da bei Gesundheitsdaten als „besonders schützenswerte Daten“ spezielle Auflagen eingehalten werden mussten. gehören Sie doch zu den Daten die den „allerpersönlichsten Lebensbereich“ betreffen. Eine Aufweichung dieses besonderen Schutzes widerspricht dem EU-Recht.

II.

  1. Zweckbindung

Seit es den Datenschutz gibt, ist eines der wesentlichen Elemente die sogenannte Zweckbindung.

Dies gilt mit der DS-GVO zwar fort, das neue BDSG weicht diesen Grundsatz jedoch in  verfassungswidriger Weise auf. Die §§ 23-25 führen nicht dazu, dass der Betroffene in geeigneter Weise mitwirken kann, wenn der Zweck bei der Verarbeitung personenbezogener Daten geändert wird. Herausragend ist dabei besonders die Formulierung in §23 Abs, 1

„Die Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem die Daten erhoben wurden, durch öffentliche Stellen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung ist zulässig…“. 

Hier wurde die Abwägung des entgegenstehenden schutzwürdigen Interesses des Betroffenen vollständig gestrichen. § 24 stellt damit einen Blankoscheck für die Sicherheitsbehörden aus („Abwehr von Gefahren für die staatliche oder öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung von Straftaten“).

III.

  1. Informationspflichten bei Datenschutzvorfällen

Die in § 29 formulierten Ausnahmen von der Informationspflicht erschließen sich nicht. Weshalb soll bei Datenpannen keine Benachrichtigungspflicht bestehen, wenn „Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen“?

Die DS-GVO kennt keine Daten die „in Ihrem Wesen nach“ geheim gehalten werden müssen. Hier fehlt die Abwägung des entgegenstehenden schutzwürdigen Interesses des Betroffenen.

  1. Aufsicht und Geheimhaltungspflicht
  • 29 Abs. 3 schränkt die Befugnisse der Aufsichtsbehörden iSd. Art. 58 Abs. 1 DS-GVO gegenüber Berufsgeheimnisträgern ein. Insbesondere öffentliche Stellen wären jeglicher Aufsicht entzogen, z.B. das gesamte öffentliche Gesundheitswesen.

Art. 90 Abs 1 DS-GVO regelt das anders, nämlich mit der Einschränkung „soweit dies notwendig und verhältnismäßig ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Pflicht zur Geheimhaltung in Einklang zu bringen“.

Es wäre keinesfalls hinnehmbar, dass  z.B. der gesamte Aktenbestand einer Anwaltskanzlei beschlagnahmt werden könnte.

Da § 203 StGB (Geheimhaltungspflicht) mit der Regelung des § 29 Abs. 3 unterlaufen wird, ist dieser Absatz nicht haltbar. 

Abschließend lässt sich zusammen fassen, dass das die neue EU Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) durch die Ergänzungen DSAnpUG-EU  der Bundesregierung systematisch umgedeutet und ausgehöhlt wird.

Anstatt den Bürger der EU ein verlässliches Regelwerk zum Schutz Ihrer Daten zu bieten, wird so auf nationaler Ebene der Möglichkeit der Überwachung Tür und Tor geöffnet.

Gegen viele Regelungen bestehen verfassungsrechtliche Bedenken bzw. sie verstoßen gegen geltendes EU-Recht.

Die Rechte der Betroffenen werden immer weiter eingeschränkt. Dieses Beispiel kann und darf nicht Schule machen – und besonders nicht in einer eiligen Nachtsitzung im Bundestag durchgewunken werden!


Verschiedene Fachquellen wurden verarbeitet.

http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2017/0110-17.pdf

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?uri=CELEX%3A32016R0679

 

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