Meinung Wahlen

Berlinwahl – Ist das das Ende der Piraten?

Der folgende Artikel stellt ausschließlich die Meinung des Autors dar.

Berlinwahl – Ist das das Ende der Piraten? Unter dieser Überschrift mussten die sich Piraten seit Monaten einiges anhören und einiges lesen.

Betrachten wir das Ergebnis mal etwas nüchterner. Diejenigen, die in Regierungsverantwortung waren, haben drastisch verloren, die CDU sucht jetzt neue Jobs für die Herrschaften, die uns solange genervt haben. Nicht nur Senatoren, sondern auch besonders unfähige Staatssekretäre sind weg.

Dazu kommt ein ganzer Rattenschwanz an Personal in den Senatsverwaltungen und sonst wo.

Die Grünen haben nach Entsorgung ihrer Renate Stabilität gezeigt und die Linke hat zugelegt. Die Linke, die rein demografisch vom Aussterben bedroht ist, hat sich noch rechtzeitig ein paar Querköpfe ehemaliger Piraten eingesammelt. Man wird ja sehen, welche Incentives jetzt ausgezahlt werden.

Ja und dann die FDP (als TXL-Partei). Der Mensch, der seinen Listenplatz bei den Piraten gar nicht erst angenommen hat, grinst nun wie ein Honigkuchenpferd aus dem AGH. Und den haben wir mal zum Bundesvorsitzenden gemacht, weil er mal in Hamburg als einziger den Begriff „Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung“ ohne Stottern ins Mikrofon gesagt hat. Als Schatzmeister hatte er auch schon keinen Durchblick. Genug der Häme. Allerdings habe ich schon damals gesagt, dass man sich mehrfach im Leben sieht; insbesondere hinsichtlich des Spotts, den gewisse Piraten herab segeln ließen, als diese Neokons ihre Büros im AGH nicht schnell genug leerfegen konnten.

Dass Menschen in einer Stadt, die seit Jahren eigentlich nur noch mit Notstrom regiert wird, jetzt die nächste Alternative suchen, ist menschlich verständlich, wenn auch erschreckend. „German Defence League“ und „Reichsbürger“ können nicht mehr abschrecken – das ist der eigentliche Skandal.

In dieser Gemengelage trudelt die Berliner Piratenpartei und beschwert sich, dass die Medien sie runterschreibt (so wie sie mal ganz unberechtigt hochgeschrieben hat). Vergessen wird gerne, dass die Piraten den Medien die Fleischtöpfe streitig machen, da reagiert manch Verleger oder Chefredakteur sauer und vergisst die mögliche Souveränität. Die Auseinandersetzung mit Inhalten ist halt anstrengend.

Dass Piraten wahlkämpfen können, haben sie in Berlin an vielen Infoständen eindrucksvoll bewiesen. Die geniale Plakatkampagne für Friedrichshain-Kreuzberg „#PRTXHN“ verdient einen Medienpreis. Die Reaktion war auch entsprechend. Aber das Gefühl, was vermittelt wurde war, war dass wir nur von den Medien und natürlich verschworen mit den Demoskopen runtergeschrieben werden, während wir auf der Straße bejubelt worden sind, zufälligerweise alles in der gleichen Bubble.

Externe Analyse, Beratung etc. ist ja sowas von den 80er. Das können wir als Laien ja viel besser (und es fängt schon wieder an, Fehlerkultur seit 2013? Nada).

Man kann doch fünf Jahre Dauerstreit in einer Fraktion („bei uns kann jeder alles im Stream verfolgen“), der mühsam mit einer irgendwas um die 8.000 EUR teuren Mediation gekittet wurde, nicht einfach wegwünschen. Menschen, die ganz auskömmlich finanziert werden, dürfen sich auch gerne mal wie Professionals verhalten und einfach ihren Job machen. In einem Firmenbüro ist das schließlich auch nicht anders. Darüber  täuschen auch die 2000 Parlamentsanfragen nicht hinweg. Hier gab es genügend helfende Mitarbeiter, zum großen Teil auch vom Staat bezahlt.

Ich habe nicht mit dem Wiedereinzug ins AGH gerechnet, eher mit einem knappen Scheitern. Das hier ist jetzt ein Trümmerhaufen.

Übrigens ein Trümmerhaufen, der seit Jahren absehbar war. Nicht ohne Grund heißt das nicht  „Landesverband“ sondern „Piratenpartei Berlin“. Wie viele Male wurde der Vorschlag gemacht, sich von der Bundespartei abzuspalten?

Wie lief denn so die Vernetzung mit der Bundespartei oder sogar international? Gab es da überhaupt eine? Welchen Wert man auf „International“ legt, haben wir schmerzlich bei der PPI-Generalversammlung gesehen. Hauptsache die Nacht durchfeiern, funktionierende Technik für eine Veranstaltung wird ja auch völlig überbewertet.

Viele Fragen blieben offen. Viele Fragen werden nie geklärt werden.

Was ist nun mit dem „Rest“? Also diese völlig unbedeutenden anderen 15 Landesverbände nebst Bundesverband?
Lernen durch Schmerz war der zutreffende Kommentar vom Moonopool beim BPT in Bremen. Eine Jahr völliger Demontage und weiteres Geld aus dem Fenster werfen folgte. Besser hätte man eine Partei nicht kaputt machen können.
Die Reaktion von Halle: Jetzt erst einmal den Deckel drauf, keine Konsequenzen ziehen und ein Jahr durchatmen. Das mit dem Durchatmen hat geholfen, dass mit der schonungslosen Finanzanalyse und dem Geld-Schwan auch. Aber dann hätte der Wiederaufbau fertig sein müssen.
LV-Strukturen, Vernetzung, gemeinsamer politischer Diskurs, technische Plattformen, Onlinetools usw.  wurden einfach weiter sträflich vernachlässigt. Was nützt denn Berichtswesen in einer wöchentlichen Runde der politischen Geschäftsführer, wenn man sich noch nicht einmal kümmert, warum nur ein kleiner Teil der LVs anwesend ist, manche gar nicht (z.B. Berlin), manche gar nicht mehr (z.B. Brandenburg). Oder BuVo-Sitzungen, die 15 Minuten dauern? Das ist nur noch formale Routine.

International ist fast alles kaputt gegangen. Einfach uninteressant für einen Bundesvorstand oder Landesvorstände (bis auf vereinzelte Ausnahmen). Statt Beiträge zu zahlen wurde jede Möglichkeit genutzt, sich zu drücken. Und ein paar tapfere Protagonisten sollten zusehen, wie sie mit ihrem eigenen Portmonee zurechtkommen, Dummheit stirbt zuletzt. Dabei hätten wir so gut voreinander lernen und profitieren können.

Gibt es eine Rettung aus diesem Desaster? Ja gibt es. Das sind die Themen, die uns täglich in den Medien grüßen: Einschränkung der Freiheit, Auflösung der Privatsphäre, das unwürdige Menschenbild, die Verteilung von Vermögen, der Umgang mit den Krisen in der Welt. Und sicherlich gibt es da noch mehr.
Das betrifft unseren ideologischen Unterbau, den wir nicht wirklich haben. Wer reitet denn voran? Da kann man doch das noch unfertige Manifest von „Nick Haflinger“ schon als Sternstunde feiern (das durch diese komische Versammlungsleitung auf dem letzten BPT fast abgestürzt wäre). Huch und dann auch noch eine Resolution auf dem BPT! Geht gar nicht, ist ja nur eine unbedeutende Meinung, die man nicht vertreten muss, weil man sie den Journalisten nicht erklären kann. Aha!

Jahrelang redet man sich den Mund fusselig, dass ohne Diskurs nicht los ist. Und BPTs sind so schlecht inhaltlich (politisch einseitig) organisiert, dass sie zu den ineffektivsten Veranstaltungen gehören, die man sich ausdenken kann. Man kann froh sein, dass überhaupt alle Wahlen durchgeführt werden. Und was bei einem Bundesschiedsgericht rauskommt, beklagt man dann Monate später.

Wie geht es weiter oder wie kann es weitergehen?

Wir haben eine relativ stabile Wählergruppe, so um die 1,5 %. Mehr können wir nur durch ein klares Profil und eine klare Strategie gewinnen. Und bitte mal mit Profis, „planlose“ Wahlkampfmanager und gewisse Dame mit Hut können gerne Dauerurlaub machen. Und diese Ankes dieser Welt kann man auch getrost ignorieren, sie sind es nicht Wert.

Und das Schöne an dieser Partei ist, dass sich lediglich ein paar Leute zusammen finden müssen, die das alles zum Besseren wenden wollen. Dauerfeuer auf angebliche Parallelstrukturen ist da eher Ansporn, denn Hürde. Technik ist jetzt genug da, ohne dass da wieder jemand den Zugang sperrt oder Rechte einzieht.

Also packt mal mit an!

 

 

5 Kommentare zu “Berlinwahl – Ist das das Ende der Piraten?

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