Bereits im Mai 2013 hat der Bundesparteitag der Piratenpartei in Neumarkt ein Abstimmungsverfahren beschlossen, das auch zwischen Bundesparteitagen eine valide Meinungsbildung ermöglichen soll.
http://wiki.piratenpartei.de/BEO
Die Umsetzung dieses Satzungsauftrages lief bis zum Bundesparteitag im Juni 2014 mehr als schleppend. Nunmehr sind die Verfahrensweisen grundsätzlich geklärt und es scheint, dass eine Abstimmung auch mit einem Onlineverfahren möglich ist.
Hervorgegangen ist der BEO aus einer leidenschaftlich geführten Diskussion um eine sogenannte Ständige Mitgliederversammlung (SMV), die zwischen den Parteitagen wirkt und im Idealfall diese sogar ersetzen soll.
Alle diese Dinge haben zwei Grundprobleme gemein:
- Wie löst man die Frage des politischen Diskurses.
- Wie löst man das Problem der Stimmberechtigung.
Während der Diskurs piratentypisch einfach über Sprachkonferenzen im Mumble und Regionalkonferenzen vor Ort umgesetzt werden kann, ist doch die Validität der Stimmabgabe ein zentrales Problem, das die Piratenpartei seit Jahren beschäftigt.
Zur Lösung des Problems gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
- Man weiß exakt, wer wie abstimmt, genannt Klarnamenspflicht;
- Man hat eine hundertprozentig funktionierende Verfahrenweise, die sicherstellt, dass nur stimmberechtigte Piraten genau einmal für ein Abstimmungsverfahren abstimmen können.
Zu a): Zur Klarnamenspflicht haben sich viele Fachleute Gedanken gemacht. Der Sachstand ist, dass die gesetzlichen Bestimmungen es nicht zulassen, dass insbesondere politische Meinungen ohne das eigene Einverständnis quasi jedermann zugänglich sind.
Da die Gleichbehandlung der Stimmberechtigung gesetzlich normiert ist, ist das Problem nach fach- und sachkundiger Meinung nicht lösbar.
Zu b): Zur Feststellung der Stimmberechtigung für das beschlossene Verfahren „BEO“ hat man in der Satzung der Piratenpartei den Terminus eingeführt, dass nur „identifizierte“ Mitglieder, die ihre Beiträge bezahlt haben, stimmberechtigt sind. Dagegen ist nichts einzuwenden.
Aus dem Begriff „identifiziert“ hat sich im Laufe die Forderung „verifiziert“ entwickelt. Der Unterschied ist relativ einfach. Identifizieren tut man sich bei Eintritt in die Piratenpartei mit den geeigneten Mitteln. Die zuständige Gliederung ist dafür zuständig, dass man eine natürliche Person ist, nimmt Namen und den vom Piraten bestimmten Wohnsitz entgegen.
Was muss also die zuständige Gliederung der Piratenpartei wissen:
Name, Vorname, Alter über 16, angegebener Wohnsitz, idealerweise eine E-Mailadresse (nicht zwingend). Das ist alles.
Es ist ebenfalls möglich, ein Pseudonym zur verwenden. Anders formuliert: Wer hätte Roy Black je nach seinem bürgerlichen Name gefragt, bzw. einen „Gerhard Höllerich“ gesucht?
Die Pseudonymität ist ein Grundsatzforderung der Piraten seit Gründung und sehr sinnvoll, wenn man z. B. sein „biologisches Geschlecht“ nicht aufdecken will und/oder seine Privatadresse nicht angeben möchte, um z. B. seine Angehörigen und Freunde/Freundinnen zu schützen.
Es ist also völlig in Ordnung, wenn jemand™ die Dinge so angibt, wie er/sie/es möchte. Wichtig ist allenfalls die Erfüllung der schuldrechtlichen Angelegenheiten, z. B. die Beitragspflicht.
Hier setzt nun der sogenannte Verifizierungsprozess auf, bei dem auch bekannte Piraten mit Personalausweis oder Pass mit Meldebescheinigung einbezogen werden.
Sogar gewählte Vorstände – die also eine gesetzliche Vertretungsberechtigung innehaben – werden verifiziert.
Zu einem derartigen Verifizierungsprozess ist keine Gliederung der Piratenpartei ermächtigt.
Hier scheiden sich somit die Geister. Das Bundesschiedsgericht hat eine einstweilige Anordnung erlassen, dass ein Mitglied (im behandelten Einzelfall) zur Stimmabgabe zugelassen werden muss, obwohl es nicht „verifiziert“ worden ist. Daraufhin hat der Bundesvorstand der Piratenpartei entschieden, das laufende BEO-Antragsverfahren quasi zu stoppen, um die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Es laufen weitere Verfahren gegen dieses Verifizierungsansinnen.
Fazit: Es gibt kein Verfahren, dass gemäß den Grundsätzen der Piratenpartei eine eineindeutige Person mit bürgerlichen Namen und Meldeadresse Hauptwohnsitz hervorbringen kann. Also kann man es auch lassen.
Man darf gespannt sein, wie sich die Dinge weiter entwickeln.
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